Wellington bis Taranaki

5.-9.6.2018 

Wellington

In Wellington angekommen hat mich die Größe dieser Stadt erstmal umgehauen. Ist ja nicht so, dass ich hier nicht schon einmal gewesen wäre, aber die vielen Menschen und vor allem Autos haben mich trotzdem überrascht. Eigentlich wollte ich dort so schnell wie möglich wieder weg, aber das Nationalmuseum Neuseelands „Te Papa“ wollte ich mir nicht entgehen lassen. Das war nämlich das letzte Mal als ich in Wellington war geschlossen.

in der Kunstgalerie
Also bin ich nachdem ich mich schon fast beim Herausfahren aus dem Fährgelände verfahren habe (zu Glück ohne weiter Umwege) zu diesem Museum in die TIEFGARAGE (sowas hab ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen!) gefahren. Der Eintritt ins Museum war (ganz im Gegensatz zum Parken) kostenlos, das Museum dafür umso besser. Es gab so viele Ausstellungen, dass es gar nicht in Frage kam alle anzuschauen. Also habe ich mich auf eine Ausstellung über die landschaftliche Veränderung Neuseelands vom unberührten Paradies zu kultiviertem Land mit dem Ehrfurcht gebietendem Namen „Blood Earth Fire“ und die verschiedenen Kunstgalerien beschränkt. Das hat mir alles ausgesprochen gut gefallen. 

In einer der Kunstgalerien habe ich ein Werk entdeckt, dass unserem Kunstprojekt „Traumpfäden“ – eine Rauminstallation, die wir in einer kleinen Gruppe in der Schule installiert haben – extrem ähnlich sah. Und das im Nationalmuseum Neuseelands! Wir klagen auf Schadensersatz :D 

Das ähnliche Kunstwerk
 
 Nach ca. 4h im Museum hatte ich schon „Parkschulden“ von über 12$ angesammelt, sodass ich langsam echt mal einen Abgang machen musste. Nein. Das war natürlich nicht der Grund. Ich war einfach ziemlich fertig und wollte nur noch auf einen Campingplatz.

Aber haha. So einfach war das nicht. Wellington ist ein Labyrinth aus Motorways. Die Dinger kommen unseren Autobahnen ziemlich nahe und sind der absolute Horror. Ein Autobahnkreuz nach dem anderen, meine Navi war genauso überfordert wie ich und das alles noch in der Rush Hour. Dabei hatte mich Don aus Picton extra noch vor der Rush Hour in Wellington gewarnt. Das ganze endete damit, dass ich mich locker 5 mal falsch eingeordnet und verfahren habe, sodass ich mich 5 mal ewig im Stau in die falschen Richtungen anstellen musste. Nur um danach irgendwie wieder auf den Motorway drauf zu kommen und mich wieder falsch einzuordnen. 

Als ich nach über einer Stunde endlich am Campingplatz angekommen bin war es mittlerweile dunkel. Eigentlich hätte ich für den Weg dahin nur 10 Minuten brauchen sollen…

Palmerston North

Am nächsten Morgen ging es los nach Norden. Das Wetter war seit gestern ekelhaft: Starker Wind und Sprühregen. Das heißt es gab weder ein warmes Abendbrot noch ein warmes Frühstück. Bei dem Wind kocht trotz Windschutz auf dem Gaskocher nichts und den Inhalt meines Autos vor Regen zu schützen ist bei Wind auch unmöglich. Geht ja gut los auf der Nordinsel. Naja egal. Heizung voll aufgedreht, ein Hörspiel angemacht und dann ging das schon.

Auf dem Weg
 
Mein Ziel: Die Manawatu Gorge in der Nähe von Palmerston North. Angeblich ein sehr schöner, nicht zu langer Wanderweg. In dem „tollen“ Wetter war er allerdings nicht so schön wie erhofft. Trotzdem eine nette Abwechslung vom Auto fahren und eine willkommene Möglichkeit mich etwas auszupowern. Der Weg war teilweise recht steil.


Die Manawatu Gorge
 
Eine zeitgenössiche Maori Statue
 
Ich hatte kurzfristig Theo und Karen (Karen ist die Schwester von Karl von der Farm in Galatea) gefragt, ob ich eine Nacht bei ihnen in der Einfahrt schlafen könnte. Die Beiden wohnen mit ihren Kindern und Austauschschülern am Rand von Palmerston North. Sophie und ich waren schon einmal mit Alf und Margaret für fast eine Woche dort als wir den Train Trip gemacht haben. Ziemlich schnell bekam ich als Antwort was in Richtung von „Na klar! Aber wir können das besser. Ich bin sicher es findet sich ein freies Bett.“ zurück. Übernachtung also geklärt und sogar ein Bett bekommen. Ich konnte am Ende auch noch dort mit Abendbrot und Frühstück essen. Am nächsten Morgen habe ich als „Bezahlung“ dann mit geholfen die Decke zu schrubben um sie von Fliegenkacke zu befreien. Keine schöne Aufgabe, aber für ein warmes Bett, Dusche und Essen vollkommen ok.

Taranaki

Mittags ging es für mich weiter zum Mt Taranaki/Mt Egmont. Der hat irgendwie 2 Namen. Warum auch immer. Da es immer noch regnete bin ich größtenteils durchgefahren. In Whanganui habe ich allerdings einen kleinen Stopp eingelegt um mit dem Durie Hill Elevator zu fahren. Das ist ein Fahrstuhl in einem Berg! Der wurde schon vor einiger Zeit gebaut um den Durie Hill besser an Whanganui anzuschließen, denn die Wohnsiedlungen dort waren aufgrund der ungünstigen Lage auf dem Berg ziemlich von der Stadt isoliert. Zu der Zeit als der der Fahrstuhl gebaut wurde, war das ein riesiges und unerhörtes Projekt. Es ist aber geglückt und der Fahrstuhl ist noch immer in Betrieb und fährt täglich nicht nur Touristen sondern auch Bewohner hoch und runter. Der Fahrstuhl fährt übrigens nicht alleine. Er muss immer jemand als Fahrstuhlführer mit hoch und runter fahren. Um zum Fahrstuhl zu kommen muss man erst einmal durch einen ewig langen, weißen Tunnel laufen. Das war total gespenstisch. Oben auf dem Berg kann man dann noch sehr sehr viele Treppenstufen auf einen Aussichtsturm hoch gehen. Von dort hat man bei gutem Wetter bestimmt einen tollen Ausblick. Bei Regen war es allerdings nicht so sagenhaft.

Panorama im Tunel zum Elevator
 
Blick über Whanganui
 
Nach diesem einen Stopp ging es dann zügig weiter. Ziemlich bald kam dann auch der perfekte Kegel des Mt Taranaki in Sicht. Ungefähr zum Sonnenuntergang war ich dann in Opunake, wo ich die Nacht auf einem freedom campground verbringen wollte. Fast direkt an der Küste! 

Ich hatte seit 2 Tagen keine Sonne mehr gesehen, aber zum Sonnenuntergang hat sie es unter die Wolkendecke geschafft. Das war wunderschön!


Als ich am nächsten Morgen aufwachte sah ich schon wieder mein Frühstück „davon fliegen“. Starker Wind. Also kein leckerer Haferbrei dachte ich. Zum Glück habe ich dann doch unten in der Bucht eine windgeschützte Stelle – sogar mit Tisch! – gefunden, wo ich in aller Seelenruhe mein Frühstück kochen und mir die Sonne ins Gesicht scheinen lassen konnte.

Der Plan für heute war, so weit wie möglich den Mt Taranaki hoch zu fahren und dann auf den Fanthams Peak (ein kleinerer Seitenvulkan) zu steigen. Eigentlich wollte ich auf die Spitze des Mt Taranaki, aber da oben war erstens massenhaft Schnee, zweitens -20°C und drittens starker Wind. Dort hoch zu gehen ist schon im Sommer gefährlich, aber im Winter für mich definitiv außer Frage. Außerdem hatte ich auch gar keine Lust auf 1500hm. Als ich mich dann aber in Richtung dieses perfekten Berges auf machte musste ich sehen, dass er, obwohl bei mir schönes Wetter war, komplett in Wolken eingehüllt war. Das meinen die also immer damit, dass man das Wetter auf diesem Berg schlecht vorher sagen kann. 

Bei Wolken da hoch steigen lohnt sich nicht dachte ich mir, also Planänderung: Um den Berg drum herum. Fand ich auch nicht schlecht, denn eigentlich war ich an dem Tag eh nicht besonders motiviert zum Wandern. 

Mein nächster Weg führte mich zum Cape Egmont Lighthouse. Als ich dort ankam und gerade ausstieg schien am Mt taranaki ein kräftiger Wind aufgekommen zu sein, denn in genau dem Moment in dem ich auf den Leuchtturm zuging verzogen sich die Wolken um den Berg. Ein absolut surreales Motiv kam zum Vorschein: Ein Leuchtturm mitten in einer Weide, vor dem Hintergrund eines perfekt symmetrischen, schneebedeckten Vulkankegels und hinter mir rauschte das Meer. Es kam mir vor wie ein Traum!


Da ging es hoch auf den Paritutu Rock
Von hier ging es über einen kleinen Umweg  über einem Strand mit einem Trinkwasserhahn um meine Flaschen wieder aufzufüllen immer weiter im Kreis um den Vulkan herum und schließlich nach New Plymouth. Um einen ersten Eindruck von der Stadt zu bekommen und trotzdem auf irgendeinen Berg zu steigen, bin ich dort als erstes auf den Paritutu Rock hochgeklettert. Und das mit dem klettern meine ich ernst. Nur der erste Teil bestand aus Stufen. Dann ging es den bloßen Felsen ziemlich steil nach oben. Da hätte man auch schon ein Klettersteig Set benutzen können. Der Ausblick von oben war wirklich gut. Man sah die ganze Stadt, den Hafen, die Bucht, weiter hinten das Farmland und natürlich den allgegenwärtigen Mt Taranaki. Trotzdem muss ich sagen ich bevorzuge Aussichten ohne Städte im Bild. 

Blick über New Plymouth
 
In New Plymouth direkt, wollte ich mir die Govett-Brewster Art Gallery nicht entgehen lassen. Die hatte ich schon seit einer Ewigkeit in meiner Karte markiert – obwohl ich nicht mehr weiß, warum. Wahrscheinlich hat mir irgendwann mal jemand einen Tipp gegeben.

Als ich aber versucht habe heraus zu finden, wo man denn da Parken kann, sah ich auf der Karte auf einmal die „St. Josephs Church“ ziemlich in der Nähe. Da die Kirche bei uns zu Hause genauso heißt, wollte ich der auf jeden Fall mal einen Besuch abstatten. Und siehe da! Es gab noch viel mehr Ähnlichkeiten mit der Kirche zu Hause als bloß den Namen. Zum einen war es eine katholische Kirche. Davon gibt es nicht besonders viele in Neuseeland. Dann waren die Ministranten auch noch gleich gekleidet, aber das Beste kommt noch. Bevor die Kirche nach einem Brand neu gebaut wurde, sah sie der zu Hause wirklich sehr ähnlich. Und jetzt hat auch sie eine sehr moderne, untraditionelle innere Einrichtung – wie zu Hause. Das war echt witzig.

Jetzt aber zur Art Gallery. Ja ich weiß. Schon die Zweite innerhalb von wenigen Tagen, aber ich habe irgendwie Gefallen an Kunstausstellungen gefunden. Ich glaube meine inspirierende Kunstlehrerin der 2 letzten Schuljahre ist daran nicht ganz unschuldig. 

Die Govett-Brewster Art Gallery
 
Eine der Ausstellungen die mir am Meisten im Gedächtnis geblieben sind, war „a hook but no fish“ über die Lingua Ignota. Eine von Hildegard von Bingen erfundene Sprache in der es zwar Bezeichnungen für Werkzeuge, aber nicht für Lebewesen gibt. So gibt es zum Beispiel ein Wort für Angelhaken aber keins für Fisch. Die Künstlerin Sriwhana Spong hatte sehr viel Aufmerksamkeit auf den Aspekt der Kommunikation gelegt. Das war sehr interessant.

Der "Wind Wand"
Eine andere Ausstellung war eine über die künstlerischen Pläne von Len Lye. Er hat Kunstinstallationen von beeindruckenden Dimensionen geplant, die aber zum Großteil nie in diesem Ausmaß umgesetzt wurden. In der Ausstellung konnte man sich einige kleinere Modelle (die aber auch schon sehr groß waren) sowie Pläne, Skizzen und Videos anschauen. Das Besondere an seinen Skulpturen ist, dass es kinetische Skulpturen sind, die von der Bewegung leben. Ein Beispiel für einen umgesetzten Plan (nicht von ihm, aber ihm zu Ehren nach seinem Tod umgesetzt) ist der „Wind Wand“ (auf Deutsch wahrscheinlich „Wind Zauberstab“) in New Plymouth. Das ist ein 45m langer Stab aus Glas und Karbon Fasern, der mehr oder weniger senkrecht im Boden steckt. Mehr oder weniger deswegen, weil er sich im Wind biegt. Im Text daneben wird es beschrieben mit „He described his sculptures as dancers, in this case swaying and oscillating in response to the motion of the wind.” (“Er beschreibt seine Skulpturen als Tänzer, in diesem Fall wiegend und schwingend als Reaktion auf die Bewegungen des Windes.”) Besser könnte ich es nicht beschreiben. 

Wie ihr merkt hat mir dieser Wind Wand trotz seiner Einfachheit ziemlich gefallen. Mich würde es mal interessieren wie er sich in einem richtigen Sturm verhält.

Nachdem ich mir noch eine coole Brücke (Te Rewa Rewa Bridge) angeschaut habe, habe ich meinen Weg rund herum um den Berg fortgesetzt, sodass ich am Abend fast 360° drum herum gefahren bin und in Kaponga auf einem freedom camping Platz mein Lager aufgeschlagen habe.


Am nächsten Morgen stand der Mt Taranaki komplett ohne Wolken da, sodass ich ihn in Angriff genommen habe. Zwar wollte ich nicht mehr auf den Fanthams Peak wandern, aber trotzdem einmal hoch fahren und mir die Dawson Falls anschauen. Selbst auf dem Parkplatz, der nicht einmal auf halber Höhe ist war schon Übernacht alles zugefroren. Auf dem Berg wäre es sicher kalt geworden.

Dawson Falls
 
Was witzig ist, ist dass man während man auf den Berg hoch fährt gar nicht richtig merkt, dass man hoch fährt, weil der Hang so seicht ausläuft. Der Berg vor einem wirkt nur immer niedriger. Aber dreht man sich dann um, merkt man wie hoch man eigentlich schon ist. Auf einmal kann man über die ganze Ebene bis zum Meer schauen. So krass ist die Aussicht aber auch nicht, weil man keine Anhaltspunkte im Vordergrund oder andere Berge hat. Nur die weiten, flachen Ebenen wirken nicht so sehr beeindruckend.

Blick auf ca. 1/3 des Berges
 
Die Nordinsel ist auf jeden Fall der totale Unterschied zur Südinsel. Hier sind überall Häuser und Menschen und Autos. Es kommt sehr selten vor, dass man mal alleine auf der Straße ist, oder das Gefühl hat durch die völlige Pampa zu fahren – ein Phänomen, das auf der Südinsel eigentlich ständig auftritt und mir ehrlich gesagt ziemlich gut gefällt. Wenn man vorher die Südinsel gesehen hat scheint die Nordinsel nicht mehr so viel bieten zu können, aber ich versuche trotzdem so unvoreingenommen wie möglich an die Dinge heran zu gehen.

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